Am 9. Juli 2017 stand nach drei Jahren Langdistanzpause die Challenge Roth auf dem Programm. Dieses Rennen wollte ich unbedingt mal gemacht haben, da es als DIE Langdistanz schlechthin gilt. Und da ich im Sommer 2016 – man muss sich für so große Wettkämpfe immer ein Jahr vorher anmelden – aufgrund meiner Elternzeit mal wieder gut im Training war, meldete ich mich erfolgreich an. Im Falle von Roth ist das dann aufgrund des Andrangs dazu noch ungefähr so schwer wie an WM-Karten zu kommen. Im Gegensatz zum Vorjahr, in dem ich ebenfalls angemeldet war, machte ich Ende April 2017 nicht von meinem Rücktrittsrecht Gebrauch, da ich zwar noch bei weitem nicht genug trainiert hatte, aber zumindest das Gefühl hatte, noch genug trainieren zu können.
Im April und Mai lief das Training dann auch richtig gut. Ich kam nach Monaten ohne Schwimmen endlich sogar regelmäßig dazu, machte jede Woche einen langen Lauf, den ich von 20 Kilometern auf 30 steigerte, und fuhr jede Woche einmal lange, meist 180km, Rad. Das sollte genug sein, um bei einer Langdistanz gut durchzukommen, denn dass es für eine neue Bestzeit oder zumindest für unter 10 Stunden nicht reichen würde, war mir klar.
Mitte Juni wurde es dann aber trainingsmäßig schlechter. Ich hatte davor wohl etwas viel trainiert. Das bereute ich aber nicht, denn ich hatte großen Nachholbedarf und musste hier ein wenig Risiko eingehen. Außerdem wurde es wärmer, wodurch ich schlechter schlief und somit schlechter regenerierte. So fühlte ich mich eigentlich die ganze Zeit nicht gut und außer einem 30km Lauf und zwei Mal 3000m Schwimmen kamen keine weiteren Trainingseinheiten nach der Challenge Heilbronn hinzu.
So begann ich die Woche vor dem Rennen über meinen Start zu hadern. Gegen eine Teilnahme sprach, dass ich mich weiterhin nicht gut fühlte und kaum noch trainiert hatte (so wenig, dass ich wohl nicht mal meinen Zustand von davor halten konnte). Dafür sprach, dass ich im April und Mai gut trainiert hatte und ich Roth einfach gemacht haben wollte und irgendwie würde es schon gehen.
Insgesamt hatte ich die schlechteste Vorbereitung im Vergleich zu den vorherigen fünf Langdistanzrennen. Hier die Statistik:
Training 2017 vor Challenge Roth | Vergleich Training 2014 vor Ironman Mallorca | Vergleich Training 2013 vor Ironman Frankfurt | |
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Schwimmen | 41km | 38km | 100,8km |
Radfahren Freizeit | ca. 1500km | 2100km | 1798km |
Radfahren Rennrad und Triathlonrad | 2550km | 3200km | 3460km |
Laufen | 647km | 900km | 792km |
Das Ganze hier noch mal grafisch. Man merke das starke zweite Halbjahr 2016 😉 – denn für eine Langdistanz beginnt das Training in der Theorie eigentlich schon im Vorjahr.
Der ein oder andere mit Langdistanzerfahrung mag die Umfänge belächeln. Ich war mir aber trotz allem sicher, dass es ausreichen würde solide ins Ziel zu kommen. Das Schwimmen war zwar nicht viel und ich war sicher nicht schneller als früher, aber mir war klar, dass ich irgendwie die 3,8km schaffen würde. Radgefahren bin ich zwar selten, aber wenn dann gerade nach Mallorca ab Mai immer 150-180km und da kam ich nie großartig fertig daheim an. Also würde auch das irgendwie klappen. Und Laufen kann ich eigentlich immer. Da wären mehr Kilometer sicher gut gewesen, aber selbst mit weniger müsste ich da keine Angst vorm abschließenden Marathon haben.
Bedingt durch die schlechten Vorwochen rechnete ich mir eine Zeit von um die 11 Stunden aus:
- Ich wollte unter 1:30h Schwimmen.
- Auf dem Rad sollten 5:30h drin sein.
- Und ich wollte einen soliden Marathon laufen. Vier Stunden sollten eigentlich immer drin sein, aber so hatte ich hier in meiner Rechnung einen kleinen Puffer.
Doch nun zum Wettkampf bzw. dessen Vorgeschichte. Wir sind am Vortag um halb acht losgefahren. Unser Plan war auf dem kostenlosen provisorischen Campingplatz (nur Dixies, kein fließendes Wasser) direkt beim Schwimmstart zu übernachten. Genau nach einer Stunde und der Hälfte der Strecke übergab sich dann meine kleine Tochter zwei Mal im Auto. Da sie in der Nacht unruhig war und sie noch nie im Auto gespuckt hatte, gingen wir nicht von Reiseübelkeit sondern eher von einem Magen-Darm-Infekt aus. Nach einer Grobreinigung des Autos drehten wir um und fuhren wieder heim. Mit krankem Kind und wenig Wechselkleidung hätten wir auf einem Campingplatz ohne Sanitäre Einrichtungen sicherlich wenig Spaß gehabt. Ich hatte zu dem Zeitpunkt das Rennen schon abgehakt und war zwar einerseits nicht sehr erfreut, andererseits aufgrund des vorherigen Haderns aber auch irgendwie froh.
Zu Hause angekommen kam ich aber doch wieder ins Grübeln, denn es war immer noch genug Zeit nach Roth zu fahren. Nachdem meine Tochter gut drauf war und keine Anzeichen eines erneuten Spuckens zeigte fuhr ich gegen 13h nun alleine los. Zum Glück startete auch ein Kollege, der mir netterweise meine Startunterlagen in Roth holte, so dass ich trotz später Ankunft noch alles gut erledigen konnte. Alles bedeutet hier vor allem das Rad in die Wechselzone beim Schwimmstart in Hilpotstein zu bringen, was bei großen Triathlons immer schon am Vortag erledigt werden muss. Letztlich war es aber dann doch ein recht stressiger Tag gewesen und meine Motivation fürs Rennen nicht mehr die höchste. Ich wollte das Ganze nun einfach mit Anstand zu Ende bringen und in der „Wettkämpfe die ich mal gemacht haben will“-Liste einen weiteren Haken setzen.
In der Nacht habe ich irgendwann ziemlich angefangen zu frieren, konnte aber doch recht gut im Zelt schlafen und da ich so nah an der Wechselzone war, habe ich bis weniger als zwei Stunden vor dem Start geschlafen und bin erst um 5 Uhr aufgestanden. Bei meinen Starts beim Ironman in Frankfurt bin ich immer schon um 3 Uhr aufgestanden.
Beim Schwimmen im Main-Donau-Kanal starteten alle fünf Minuten 200 Teilnehmer. Ich startete in der fünften Startgruppe um 6:50h und es war ähnlich wie in Heilbronn. Ich war quasi sofort alleine und sah nur wenige Schwimmer um mich herum aber viele vor mir. An Land waren alle 200m Hinweisschilder und so sah ich, dass ich zwar nicht schnell, aber konstant schwamm. Leider bekam ich vermutlich von der Brille etwas Kopfweh. Mit der Zeit wurde es dann doch immer voller, denn die guten und mittelmäßigen Schwimmer aus den Startgruppen nach mir schwammen zu mir auf und überholten mich. Wegen des Kopfwehs und der aufkommenden Unruhe schwand meine Motivation etwas aber es half ja nix. Also einfach immer weiter schwimmen. Die letzen 500m waren dann doch sehr unangenehm. Mittlerweile waren so viele Schwimmer auf mich aufgeschwommen, dass es sehr voll war. Aber auch das war irgendwann vorbei. Das Wasser verließ ich nach 3,8km in 1:22h. Das war zwar meine schlechteste Schwimmzeit bei Schwimmen mit Neoprenanzug, aber im Schnitt schneller als drei Wochen zuvor in Heilbronn auf der halben Strecke und meinem Trainingszustand absolut entsprechend. Ich war also recht zufrieden.
Beim Wechsel aufs Rad ging das Kopfweh zum Glück gleich weg, nachdem ich die Schwimmbrille abgenommen hatte. Ich ließ mir beim Wechsel viel Zeit und stieg nach 1:30h Rennzeit aufs Rad.
Hier fuhr ich dann die ganze Zeit relativ locker. Im Gegensatz zu andere Triathlons überholte ich nicht viel sondern wurde sehr viel überholt, was auch an den vielen Startgruppen lag, denn so kamen auch nach mir noch viele gute Teilnehmer aus dem Wasser. Ich ließ mich vom Überholtwerden nicht beirren und fuhr einfach sehr konstant. Wegen des fehlenden Trainings in den Vorwochen wusste ich, dass das so notwendig war um konstant durchzukommen. Bei aller Disziplin machte es aber wenig Spaß und ich zählte von Anfang an die Kilometer und erst als dann irgendwann mehr als 100km auf dem Tacho standen verschwanden die „oh nein, ich muss noch so lange Radfahren“ Gedanken ;-).
Eine weitere Folge des fehlenden Trainings war, dass ich versuchte besonders viel zu Essen, da meine Fettverbrennung kaum noch trainiert war. Deshalb fuhr ich in jeder Verpflegungsstation langsam um genug Essen und Trinken aufzunehmen, das ich mir dann bis zur nächsten Station knapp 20km später reinstopfte. Mein Bauch beschwerte sich dabei nicht. Nach einer Radzeit von exakt 5:30h für die 180km (das entspricht einem Schnitt von 32,5km/h) kam ich noch ganz guter Dinge zur zweiten Wechselzone.
Bei allen vorherigen Langdistanzen fuhr ich die zweite Hälfte ca. 10 Minuten langsamer als die erste. Heute war es eher umgekehrt, denn ich fuhr beide Hälften zeitgleich, obwohl ich auf der zweiten Runde zwei Pinkelpausen eingelegt hatte.
Das Laufen begann ich dann nach genau 7 Rennstunden und so war ich weiter guter Dinge, unter 11 Stunden bleiben zu werden. Das konnte eigentlich nur scheitern, wenn ich zum ersten Mal bei einem Marathon einen richtig krassen Einbruch erleiden würde.
Pünktlich zum Laufen verschwanden die Wolken und so war es schon recht warm – gerade an den Stellen die nicht im Wald waren, wie zum Beispiel in einem Industriegebiet, das kaum Schattenstellen hatte. Aber mir macht das nicht so viel aus und da es unzählige Verpflegungsstellen gab, habe ich mich dort immer gut nass gemacht, wodurch die Hitze erträglich war. Ich verpflegte mich auch hier gut und hielt an jeder Verpflegungsstelle an um eine Kleinigkeit (Biss Banane, halbes Gel) zu Essen und sehr viel zu trinken. Getrunken hatte ich wohl genug, denn auch beim Laufen ging ich noch zwei mal aus Klo :-). Zwischen den Verpflegungsstellen lief es läuferisch sehr gut. Ich lief immer um die fünf Minuten auf den Kilometer. Meist eher ein paar Sekunden drunter als drüber und im Gegensatz zum Radfahren befand ich mich damit permanent auf der Überholspur, was der Motivation sicher nicht schadete. Nach 12 Kilometer begannen meine Beine etwas schwerer zu werden, aber ich konnte das Tempo halten und schlimmer wurde es mit der Zeit auch nicht. Erst nach 30km lief ich bei der Steigung nach Büchenbach mal zwei Kilometer etwas langsamer, aber als ich mich bei der nächsten Verpflegungsstelle wieder erfrischte und insbesondere etwas Salz nahm, gings wieder gut und ich konnte die letzten Kilometer sogar wieder unter 5min/km laufen, wenngleich ich mich schon aufs Ziel freute, denn es war mittlerweile schon etwas zäh.
Ins Ziel kam ich dann nach 10:36:10h. Meine ältere Tochter, die zusammen mit meinen Eltern nach Roth gekommen war, lief die letzten Meter im Stadion mit mir und zog mich ganz schön, so dass ich fast noch einen Endspurt machte. Den Marathon lief ich damit in 3:34h, womit ich sehr zufrieden war. Wirklich leicht ist die (neue) Laufstrecke sicher nicht, denn es ist selten flach und geht meist leicht hoch oder runter. Meine GPS-Uhr hat über 350 Höhenmeter gemessen.
Auch insgesamt war ich zufrieden, denn ich habe meinen Plan ein solides Rennen zu machen erfüllt. Mit etwas mehr Einsatz gerade beim Laufen wäre vielleicht auch ein schnellerer Marathon und damit eine bessere Gesamtzeit (z. B. unter 10:30h) drin gewesen, aber so war es auch gut. Wer weiß ob ich sonst vielleicht nicht doch eingebrochen wäre. Mit der Zeit belegte ich Platz 608 unter 2460 Männern sowie Platz 130 von 314 in meiner Altersklasse, der 30 bis 35 jährigen Männer.
Nun habe ich also auch mal Roth gemacht. Sicher ein tolles Rennen. Gerade auf der Laufstrecke gibt es viele Stellen mit vielen Zuschauern. Dort läuft es sich von fast alleine. Ist es jetzt so viel besser als der Ironman Frankfurt, wie viele „in der Szene“ sagen? Die Radstrecke ist in Roth aus meiner Sicht besser – gerade der Asphalt. In Frankfurt gibt es schon einige Stellen, wo es ganz schön rumpelt. Die Laufstrecke ist in Frankfurt aus meiner Sicht besser. Es gibt wohl ähnlich viele Zuschauer und durch die Brücken am Main kann man seine Angehörigen sogar 8 mal sehen.
Meine erste Langdistanz nach drei Jahren war wohl auch meine letzte für die nächsten drei +/- x Jahre. Insgesamt habe ich doch recht wenig trainiert, was mich stets stresste. Wenn ich dann wie im April/Mai dann doch gut trainiert habe, wurde es dafür trotz Teilzeit im Alltag stressig. Und gerade da ich in der Vor-Kinderzeit 😉 deutlich schneller war als nun, machte es insgesamt dann doch nicht so viel Spaß.