Ironman Nizza 2023

Am 10. September 2023 startete ich beim Ironman Nizza. Der Wettkampf war in diesem Jahr die Ironman Weltmeisterschaft der Männer, die nun nur noch alle zwei Jahre für Männer auf Hawaii stattfindet und dazwischen für die nächsten Jahre in Nizza. War bzw. ist eine Hawaii-Qualifikation für mich bisher sportlich unmöglich, sah die Sache für Nizza ganz anders aus. Da es zum einen deutlich mehr Startplätze gab und nach diesen auch keine große Nachfrage herrschte, konnte letztlich quasi jeder starten, der in diesem Jahr bei einem Ironman teilgenommen hatte. Als 30. von 290 in der AK40 hätte das bei mir auch ohne Nachrücker gerade noch sicher für einen Platz gereicht.

Nach längerem Abwägen hatte ich mich schon vor dem Ironman in Frankfurt entschieden, dass ich gerne in Nizza starten wollte, sollte es mit einem Platz klappen. Zum einen lag Nizza logistisch sehr gut, da es mit dem Auto erreichbar war. Zum anderen war es am Ende der Ferien, so dass es sich mit einem Familienurlaub verbinden ließ. Und letztlich fand ich es auch cool, mit den Profis bei deren Weltmeisterschaft am Start zu stehen. Sportlich war das Rennen für mich eher irrelevant, da ich natürlich nicht um einen Altersklassen-Titel mitkämpfen kann, sondern nur irgendwo im Mittelfeld landen würde.

Zum Training: Nach Frankfurt hatte ich natürlich erst mal ein paar Tage fast nix gemacht und dann wieder unstrukturiert bei gutem Wetter einfach Sport gemacht. Ende Juli startete ich beim 24h Rennen am Nürburgring, wo ich diesmal weniger motiviert als 2022 war, aber immerhin am ersten Tag 260km und 6000Hm fuhr. Danach waren wir im Urlaub auf Formentera, wo ich mein Cross-Rennrad dabei hatte und auch ein paar Mal länger fahren war sowie eigentlich jeden Tag 1000-1500m im Meer schwamm. Auf der Auto-Heimfahrt von Barcelona legten wir eine Zwischenübernachtung am Mont Ventoux ein, den ich dann am nächsten Tag ein Mal geplant von Bédoin und dann noch mal spontan die Seite von Malaucène hochfuhr, ehe wir danach direkt die 850km (mit dem Auto 😉 ) nach Hause fuhren. Die (erwartete) Quittung bekam ich zwei Tage später in Form einer Erkältung, so dass ich 10 Tage Zwangspause hatte, ehe ich wieder begann locker zu trainieren. Bis Nizza machte ich noch drei Touren um die hundert Kilometer und lief noch zwei Mal 25km neben einigen kürzeren lockeren Einheiten in allen Disziplinen. Alle nicht am Anschlag um mich bloß nicht noch mal zu erkälten. Perfekt war ich also nicht vorbereitet, aber ich war wie immer sicher, dass es für ein gutes Durchkommen reichen würde.

Der Nizza-Trip begann dann für uns 9 Tage vor dem Rennen. Zunächst waren wir zwei Tage am Comer See, wo ich neben einer Wanderung und viel Sightseeing den letzten 25km Lauf machte. Montags kamen wir dann im schönen Nizza an, wo wir eine tolle Wohnung in einer super Lage nur 100m vom Meer entfernt direkt hinter dem ikonischen Le Negresco Hotel hatten.

In Nizza hatten wir eine tolle Zeit. Die ganze Woche gab es keine einzige Wolke zu sehen und neben etwas Training (einmal Laufen, einmal die halbe Radstrecke abfahren, jeden Tag etwas (viel zu langsam) Schwimmen) blieb noch Zeit zum Bummeln, nach Monaco zu fahren und auch jeden Tag mindestens eine Runde normales Baden am Strand. Ansonsten liefen die Kinder mit viel Spaß beim Ironkids-Lauf und Clara beim 5km Fun Run auf der Strandpromenade mit, ich musste die Startunterlagen holen und wir liefen auch bei der Ironman Nationenparade mit.

Streckencheck von oben

Ich versuchte mich in der Woche auch mental etwas auf das Rennen einzustellen indem ich u. a. alles, was in den sozialen Triathlon-Medien aus Nizza auf Youtube veröffentlicht wurde, anschaute. Dort ging es natürlich immer wieder um die für eine Langdistanz anspruchsvolle Radstrecke und so entschied ich mich donnerstags die halbe Strecke abzufahren um vor allem die 30km lange Abfahrt am Ende kennenzulernen. Danach bereute ich es etwas, das Zeitfahrrad anstelle des Rennrads dabei zu haben, da es doch viele Kurven gab, was sich am Ende aber als unnötig erwies, denn im Rennen hatte ich definitiv die richtige Wahl getroffen.

Was wollte ich erreichen?

  • Beim Schwimmen war ich pessimistisch. Im Sommer war ich sehr viel im Freiwasser schwimmen (vor allem im Meer) und da war ich mit 2:15-2:20min stets 15-20s langsamer auf 100m als auf unserer 33m Bahn im Leimener Freibad. Auf 3,8km hochgerechnet wäre das schlimmstenfalls 1:30h, was auch für mich schon sehr schlecht wäre. Ich hoffte auf ein Wunder und durch gute Strömung durch die anderen Schwimmer im Wettkampf auf eine Zeit von 1:20h.
  • Aufs Radfahren freute ich mich aufgrund der Landschaft. Ich war sicher aufgrund der 2500Hm nicht unter 6h Radfahren zu können, konnte aber nicht einschätzen ob ich nah an die 6h kommen konnte oder ob ich gar 7 Stunden oder mehr brauchen würde.
  • Beim flachen Marathon hoffte ich um die 3:30h laufen zu können, was ich schon oft bei einer Langdistanz gemacht habe, wenn auch die Lauf-Vorbereitung dieses Mal nicht optimal war.

Zusammen also ca. 1:20h + 6:30h + 3:30h + 10min Wechsel würde ca. 11:30h ergeben. Da gerade beim Radfahren ein großes Fragezeichen stand hoffte ich darauf im Idealfall unter 11h bleiben zu können, aber auch eine Zeit von 12h konnte ich nicht ausschließen. Ein kleines Nebenziel von mir war es, auf jeden Fall noch den ersten Profis auf der Laufstrecke zu begegnen. Da diese 35min vor mir starten würden und etwas mehr als 8h brauchen sollten, musste ich also nach ca. 7 Stunden und 30min meiner Rennzeit auf die Laufstrecke.

Wechselzone

Doch nun endlich zum Rennen. Der Start meiner AK40 war um 7:25h und durch unsere zentrale Lage konnte ich bis 5:00h „aus“schlafen. Nach einer Portion Porridge und einem Muffin machte ich mich kurz vor 6:00h auf um die paar hundert Meter zum Start zu laufen. War der Promenade des Anglais bei unserem allabendlichen Eisessen am Vorabend eigentlich nur im Wechsel- und Zielbereich anzusehen, dass dort ein Triathlon stattfinden würde, so war ich dann doch überrascht, wie die Straße sich in den wenigen Stunden gewandelt hatte. Schon auf höhe unserer Wohnung waren auf zwei Spuren Absperrgitter, Werbebanden uvm. aufgebaut. Da wurde während meines kurzen Schlafs wirklich fleissig gearbeitet.

Radstrecke am Morgen

In der Wechselzone angekommen, habe ich schnell das am Vorabend abgegebene Rad aufgepumpt und mit Getränken und Essen beladen, ehe es nach dem Schlangestehen an den recht wenigen Dixies auch schon auf zum Start ging. Das Meer war wie immer in der Woche sehr ruhig, genauso wie mein Schwimmstart bei dem alle rücksichtsvoll schwammen. Gute Beine fand ich über die gesamte Strecke nicht, aber ich war auch nie wirklich alleine. Schon bei der ersten Wende nach ca. 1000m sah ich, dass ich ganz gut auf Kurs lag und sogar unter 2:00min pro 100m schwamm. Daher machte es wie schon in Frankfurt überraschend sogar Spaß. Auch dass ich mich stets daran erinnerte, dass ich genau da war und das machte, was ich wollte (wie von Jonas Deichmann gelernt) half mir Spaß am Schwimmen zu haben. Weiter konzentriert schwimmend blieb mein Tempo konstant und so durfte ich überraschend früh schon nach 1:15:31h knapp 4min schneller als in Frankfurt, wo im Gegensatz zu Nizza mit Neoprenanzug geschwommen wurde, das Wasser verlassen. Relativ gesehen war ich sowohl insgesamt als auch in der Altersklasse etwas schlechter als in Frankfurt, aber trotzdem war das für mich ganz ordentlich.

Bei KM 1

Nach dem Wechsel aufs Rad war es direkt sehr voll und auf der einen Spur auf den 10km bis zu den Bergen musste ich immer wieder rausnehmen, um zumindest etwas Abstand zu den Vorderleuten zu haben, wenn ich nicht gerade überholte. Die ersten 50km in den Bergen ging es bis auf eine kürzere Abfahrt immer bergauf, vor allem beim 18km langen Anstieg mit 900Hm zum 1120m hohen Col de l’Êcre, ehe es dann wellig war bis die genannte lange Abfahrt (mit kurzen Flachstücken und kleineren Gegenanstiegen) kam. Ich fuhr stets nach Wattmesser (bei Anstiegen ca. 230W) und so machte das Radfahren von Anfang an viel Spaß, da es nicht sehr hart und anstrengend war. Bei perfektem Wetter in schöner Landschaft, die sich ständig änderte (mal kahl, Wald, Feldern in Hochtälern, felsig, Meerblick) auf (meist ;-)) gesperrter Straße Rad zu fahren – was will man mehr.

Es war die ganze Zeit voll und (stets den selben) Kampfrichter habe ich genau drei Mal gesehen. Daher ignorierten viele die Abstandsregeln, was zwar auf der welligen Strecke nicht ganz so viel wie im Flachen bringt, aber es ärgerte mich dennoch. Leider bekam ich beim Radfahren schon früh Seitenstechen, was auf dem Rad zwar nicht störte, mir aber etwas Sorgen vor dem Laufen bereitete, weshalb ich etwas weniger als geplant aß (statt alle 20-25min nahm ich nur alle 30min etwas). Gegen Ende wurde es besser.

Als es nach 140km in die Abfahrt ging waren endlich nicht mehr ganz so viele Radfahrer um mich herum und als im ersten Felstunnel auch leider ein weit vor uns gestürzter Radfahrer von einem Krankenwagen versorgt wurde, gab das glaube ich allen, die das gesehen haben, eine Warnung und so fuhr niemand harakiri um mich herum. Obwohl ich vorsichtig fuhr, überholte ich durchaus auch, wurde aber natürlich auch hin und wieder überholt. War der Schnitt durch die vielen Anstiege am Anfang recht niedrig, näherte er sich auf der Abfahrt immer weiter an die 30km/h, also auf eine Zeit von 6h. Hätte ich das früher gewusst, hätte ich auf dem welligen Teil vielleicht etwas schneller fahren können. Jedenfalls kam ich schließlich nach 6:03h in die Wechselzone (29,9km/h im Schnitt), womit ich sehr zufrieden war. Die letzen 5km fuhr man an der Laufstrecke und ich erholte mich dabei etwas indem ich locker fuhr und nach Frodeno, Lange und Co Ausschau hielt, um zu sehen, wer der neue Weltmeister werden würde. Ich sah zwar alle, wusste aber nicht wer schon auf der letzten Runde war und damit in Führung lag.

Als ich loslief, waren genau 7:30h vergangen. Das hatte für mein Ziel, die ersten noch zu sehen, gerade noch so erreicht, denn nachdem ich meine ersten 200m gelaufen war, kam mir der Sieger Sam Laidlow auf eben seinen letzten 200m entgegen. Mit einem prinzipiell nicht unmöglichen 3:30er Marathon würde es für unter 11h reichen, weshalb ich versuchen wollte, das dafür nötige Tempo zu laufen.
Gelaufen werden musste vier Mal die Promenade des Anglais hin und her. Das war sehr nett, da man fast immer unter Palmen laufend, angefeuert von vielen Zuschauern stets das Meer sah. Aber gerade bei der Wende am Flughafen war es doch jedes Mal etwas deprimierend das gefühlt sehr weit entfernte Ziel am anderen Ende der Bucht zu sehen.

Liefen die ersten Kilometer noch ganz gut mit einer Pace von etwas unter 5min/km wurde es bald zäh und mein Verdauungssystem machte Schwierigkeiten. So schleppte ich mich mit weniger Spaß als sonst über die Strecke und wurde immer langsamer. Den ersten Halbmarathon lief ich sogar noch in 1:48h, also gar nicht so weit vom Marathon in 3:30h entfernt, aber auf der zweiten Hälfte musste ich in den Verpflegungsstellen hin und wieder auch mal gehen und auch zwei Mal länger aufs Dixie (insgesamt 7min!), wodurch ich den zweiten Halbmarathon „nur“ noch in 1:59h lief (inkl. Klopausen).

Neben den vielen anonymen Anfeuerern wurde ich zum Glück auf jeder Runde 4x richtig angefeuert, nämlich zum einen natürlich von meiner Familie und dann auch noch am hinteren Teil der Strecke von Björn und Sarah (Danke nochmal!). Das hat echt geholfen, sich abzulenken und etwas aufzuraffen, um nicht zu langsam zu werden.

Das Ziel erreichte ich letztlich nach 11:16:42h auf Platz 581 unter 2002 Männern sowie Platz 103 von 302 in der AK40. Das war prinzipiell keine Glanzleistung, aber gemessen an meiner Vorbereitung auch nicht schlecht und wohl einfach das, was mit meiner Form an dem Tag drin war.

Auch wenn der Marathon nicht wie so oft viel Spaß machte, hat der Wettkampf vor allem aufgrund der wunderschönen Radstrecke und der Kulisse am Meer trotzdem viel Spaß gemacht. Nizza an sich war schon absolut eine Reise wert und dort einen Triathlon zu absolvieren, war klasse. Dass es obwohl es die WM war sicher nicht mit dem Mythos Ironman Hawaii vergleichbar ist, war schon vorher klar, aber dennoch hat Ironman sicher einen tollen Ort für die WM ausgesucht, wenngleich es sicher ausreicht für die halbe Startgebühr beim normalen Ironman Nizza im Juni zu starten (bei dem lediglich die Radstrecke etwas kürzer ist).

Nach dem Rennen erfrischte ich mich kurz im Meer ehe wir uns Pizza holten und mit Björn und Sarah an der Strecke die noch aktiven Starter anfeuerten. Nach einem letzten Eis (das mir der nette Besitzer des sehr empfehlenswerten Gelato D’Amore diesmal schenkte) ging es auch schon ins Bett.

Am nächsten Morgen klingelte dann wieder um 5h der Wecker, da wir 900km nach Hause fahren mussten (die Kinder und Clara waren glücklicherweise von ihren Schulen für einen Tag freigestellt worden!). Bis auf einen 30 minütigen Stau bei Mailand kamen wir auch gut durch und wegen des gesperrten Gotthard-Tunnels kamen wir an einem schönen Tag auch noch in den Genuss des Gotthard-Passes, den ich beim Anblick von oben trotz ordentlich Muskelkater am liebsten mit dem Rad hochgefahren wäre – doch „leider“ hatten wir dafür vernünftigerweise keine Zeit.

Gotthard

Hier noch die Übersicht über die relativen Platzierungen: